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Golo
Landschaft im Verschwinden 7. bis 10. Juni 2012 Öffnungszeiten: Do 12–19, Fr/Sa 10–19, So 10–18 Uhr Kongresszentrum Heinrich-Lades-Halle, Großer Saal
Vielleicht muss man Ägypten mit den Augen von Golo und seiner Partnerin, der Fotografin Dibou, sehen: als einen Ort, an dem sich Zeiten überlagern. Auf denselben Wegen, in benachbarten Panels, transportieren Priester einen Mumiensarg, schleichen Grabräuber durch den Sand, trampeln Touristen ihrem Reiseleiter hinterher. Am Ende aber greift die Gegenwart die übrige Zeit an. Das Dorf al-Gurna im Tal der Könige – der Platz, an dem die Zeit stillstand – wird von Baggern zerstört, damit moderne Infrastruktur den Touristen das Leben erleichtert. Die Bewohner werden umgesiedelt. Die Magie Ägyptens erlischt. Konsequent werden die Zeichnungen Golos von den Fotografien Dibous abgelöst. Die Kunst wurde der Magie gerecht. Die Fotografie dokumentiert Realität.
Golo ist ein französischer Comic-Künstler, der in Deutschland gerade entdeckt wird. Mit bürgerlichem Namen heißt er Guy Nadaud und wurde 1948 in Bayonne geboren. Seit den 1970er-Jahren arbeitet er für französische Magazine und Comic-Zeitschriften. Seit vielen Jahren lebt er in Ägypten – zunächst in der Nähe von Kairo, jetzt in dem „verschwundenen“ Dorf mit dem Namen al-Gurna in der Nähe von Luxor – und beliefert die Zeitung Cairo Times. In dem Dorf al-Gurna hat er ein Haus, das nach seinen Vorgaben gebaut worden war. Im vergangenen Jahr hat die Übersetzung der komplexen Biografie des Schriftstellers B. Traven unter dem Titel „Porträt eines berühmten Unbekannten“ in Deutschland die Aufmerksamkeit auf Golo gelenkt. Inzwischen ist auch seine Comic-Version von Albert Cosserys Roman „Gohar der Bettler“ in deutscher Sprache erschienen. Eine Liebeserklärung an seine Wahlheimat erscheint zum 15. Internationalen Comic-Salon Erlangen unter dem Titel „Chronik einer verschwundenen Stadt“ (avant-verlag), die Golo zusammen mit seiner Lebensgefährtin Dibou verfasst hat.
Das Album präsentiert Bilder, denen man ansieht, dass sie vor Ort skizziert wurden: Landschaften am Nilufer, dörfliche Genreszenen, Morgen- und Abendstimmungen vor Tempeln. Manche Panels haben Postkartenqualität; allerdings wirken sie nicht normiert und standardisiert, sondern sind tief innerlich empfunden. Golo hat gezeichnete Dokumente einer geografischen Kultur im Verschwinden geschaffen. Die Lichtvaleurs, in die er diese Kultur taucht, transportieren die Melancholie über die sich verlierende Zeit gleich mit. Ägypten ist nicht nur wegen der arabischen Revolution im Umbruch, es war offenbar schon vor diesem Aufstand bereit zur Selbstaufgabe, vielerorts wird Tradition zugunsten der Konjunktur geopfert. Golo ist ein Chronist dieses Prozesses, den er an einem winzigen Ausschnitt der Welt exemplarisch beschreibt. Kein Wunder, dass seine altägyptischen Seelenteile auf manchen Seiten heftig um ihn ringen.
Herbert Heinzelmann
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Golo
Landschaft im Verschwinden
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