Magasin Général
Die Symbiose der Künstler Régis Loisel und Jean-Louis Tripp

15. bis 18. Juni 2006

Öffnungszeiten: Do 12–19, Fr/Sa 10–19, So 10–18 Uhr
Empfang mit Jean-Louis Tripp:
Donnerstag, 15. Juni, 19 Uhr
Kunstmuseum Erlangen e. V.

Zwei unterschiedliche Wege: Régis Loisel (geboren 1951 in Saint Malixent) gilt als Meister des phantastischen Comic-Genres – und für Kenner: auch des erotischen. Die Titel „Auf der Suche nach dem Vogel der Zeit“ und „Peter Pan“ (sowie die freizügigen „Freudenfeste“) stehen dafür. Jean-Louis Tripp (geboren 1958 in Montauban) dagegen ist mit harten und realistischen Geschichten vor düster politischen Hintergründen hervorgetreten. Auf Deutsch sind erschienen „Soviet Zig Zag“, „Der Aufstand“, „Zoulou Blues“ und „Afrikaans Bazaar“; das ist allerdings 15 Jahre her. In den letzten Jahren hat Tripp gar keine Comics mehr gezeichnet, sondern sich der Malerei und der Skulptur gewidmet und an der Universität von Quebec gelehrt. Und auch Loisel ist in den letzten Bänden seiner „Peter Pan“-Serie düster und realitätsnah geworden.
Nach „Peter Pan“ wollte Régis Loisel den Comics eine Zeit lang den Rücken kehren. Auch er hatte sich inzwischen nach Quebec zurückgezogen. Aber dort hat ihm Tripp den Vorschlag für ein gemeinsames Projekt gemacht, wirklich ein gemeinsames. Zwar hatte Loisel den Plot einer Story im Vorrat seiner Ideen. Doch Tripp gab die Stimmung vor. Er dachte an eine Atmosphäre wie in Filmen von Frank Capra („Mr. Smith geht nach Washington“), an eine melancholische Heiterkeit, wie sie die Erinnerung produziert. So entstand „Magasin General“, die Geschichte eines Dorfes bei Quebec in den 1920er Jahren – voller skurriler Bewohner mit ihrem traurigen und ihrem wunderbaren Leben. Loisel und Tripp haben das Szenario gemeinsam geschrieben und die Seiten insofern gemeinsam gestaltet, als Loisel die Vorzeichnungen mit Bleistift anfertigte, die Tripp dann mit Tusche und Farbe zum Leben erweckte und dabei oft entscheidend modifizierte.
Parallel zum ersten Band von „Magasin General“ erschien in Frankreich ein Werkstattband mit dem Originaltitel „L’Arriere Boutique Du Magasin General“; er dokumentiert die Arbeit der beiden Künstler. Nebeneinander sind Loisels Bleistift-Scibbles und Tripps Ausfertigungen in Tusche abgedruckt, so dass sich die Bild-Ideen und ihre Realisierung vor dem Auge des Lesers entfalten. Das ist eine seltene Kostbarkeit – eine Einweihung in die Geheimnisse der Comic-Produktion und gleichzeitig das Dokument der perfekten Symbiose zweier Künstler. Die Originale der Doppelseiten legen den Grundstein der Ausstellung auf dem 12. Internationalen Comic-Salon Erlangen. Sie werden ergänzt von individuellen Arbeiten beider Künstler, um zu demonstrieren, wie unterschiedliche Handschriften durch konzentrierte Kooperation zu einer gemeinsamen Signatur führen können. Selbstverständlich sind da ähnliche Temperamente am Werk, aber der eine (Loisel) hat mehr Talent für die Landschaft und der andere (Tripp) ist der bessere Innenarchitekt. Wo die Vorzeichnung respektiert wird und wo sie Inspiration ist für eine Neuinszenierung – das konnte man wohl noch nie so studieren, wie in dieser Boutique eines Dorfkaufhauses im Kanada von einst.
Im Frühjahr 2007 erscheint unter dem Titel „Das Nest“ die deutsche Ausgabe von „Magasin Général“ bei Carlsen Comics.
Herbert Heinzelmann

Eine Ausstellung des Internationalen Comic-Salons Erlangen in Zusammenarbeit mit dem Kunstmuseum Erlangen e. V.

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