Signor Rossi vs La Linea
Fumetto-Highlights aus Milano
Eine Annäherung an Bruno Bozzetto und Osvaldo Cavandoli

CineStar Erlangen
10.–13. Juni 2004
Öffnungszeiten: täglich 11-23 Uhr

Gestatten? Rossi – Piacere? Rossi
Der kleine Herr im roten Zwirn gibt sich wieder die Ehre – er ist hierzulande wohl die populärste Figur der Fumetti, der italienischen Cartoons für Erwachsene. Ein Comeback des liebenswerten Kleinbürgers bei alten und neuen Fans ist seit der Veröffentlichung der charmanten Musik der Serie Ende der 90er Jahre noch in vollem Gange – erst vor kurzem wurden alle erhältlichen Rossi-Lang- und Kurzfilme erstmalig auf DVD herausgebracht.
Signor Rossis Filmkarriere nahm bereits 1960 mit dem beim Festival von Annecy eingereichten und prompt prämierten Kurzfilm „Un Oscar per il Signor Rossi“ ihren Anfang. Rossis Schöpfer Bruno Bozzetto, 1938 in Mailand geboren, verlieh seinem Titelhelden deutliche Züge des damaligen Festivaldirektors, der seinen früher eingereichten Film abgelehnt hatte und damit durchaus nicht nur sympathische Eigenschaften. Nach und nach bekam Rossi einen freundlicheren Charakter, eine Sprechstimme und seinen Partner Gastone an die Seite gestellt, die denkbar treueste und schlappohrigste Mischung aus Hund und Ehefrau. Ende der 70er Jahre ließ der Zeichner seine bekannteste Figur zunächst – bis auf gelegentliche Werbeeinsätze im Rahmen des Comebacks – ruhen. Als Regisseur und Produzent von über hundert (Trick-) Kurzfilmen und längeren Features wie „Allegro Non Troppo" (1975) gilt Bozzetto als führender Fumetto-Vertreter. Dieser und seine interessantesten Kurzfilme werden im Erlanger Kino CineStar zum 11. Internationalen Comic-Salon gezeigt. Eine kleine Ausstellung komplettiert diesen Teil der Retrospektive.

Ebenso bedeutend ist das Werk des italienischen Cartoonisten Osvaldo Cavandoli, der am 1. Januar 1920 in Maderno am Gardasee geboren wurde, seit seinem 2. Lebensjahr aber in Mailand lebt und vor einiger Zeit zum Ehrenbürger der Stadt ernannt wurde. Es ist eine kleine Sensation, dass er seine Teilnahme am diesjährigen Internationalen Comic-Salon zugesagt hat.
Cavandoli war von 1936 bis 1940 technischer Designer für Alfa Romeo und beschäftigte sich erstmals während der Arbeit im Studio von Zeichentrick-Pionier Nino Pagot mit Animation. 1950 wurde er unabhängiger Regisseur und Produzent von Cartoon-Filmen für die Kinowerbung. Berühmt wurde Cavandoli durch das genial einfache grafische Konzept von „la linea“, das 1969 bei Arbeiten für den Küchengerätehersteller Lagostina entstand: „An einem Tag im Jahre 1969 räumte ich meinen Schreibtisch auf ...ich kritzelte so herum und merkte, dass der beste Einfall war, alles auf eine einzige Linie zu reduzieren und mit dieser einen Linie alles, was ich erzählen wollte, auszudrücken."
Wer erinnert sich nicht an dieses penetrant-charmante Linien-Männchen, das im Vorabend-Programm der 70er als Pausenfüller auch über deutsche Bildschirme flimmerte. Aber – wie war nochmal der Name? Bezeichnend für „la linea“ ist trotz des unterschwelligen Bekanntheitsgrades, dass außerhalb des Ursprungslandes Italien und selbst im Internet wenig Details zu dieser Sternstunde des Fumetto zu finden sind. Diese Lücke wird mit der Erlanger Ausstellung geschlossen. Außerdem ist der kleine Choleriker auch in seinen besten Filmszenen zu bewundern.

Gemeinsam ist den Filmen der beiden so unterschiedlichen Zeichnern die kongeniale Musik. Der ebenfalls aus Milano stammende Franco Godi, heute erfolgreicher Musikproduzent für Werbung und Pop (u.a. die Italo-Hip-Hopper Articolo 31) hat seit 1962 eine rekordverdächtige Zahl an Werbe-Musik für Firmen wie Kodak, Tuborg, Fiat oder Fernet Branca den schicken Titel „Mister Jingle" komponiert. Er arbeitete für De Mas, De Maria (Nick Karter), Maurizio Nichetti (Ladri Di Saponette) und versammelte für die Vertonung der Rossi-Filme eine Riege ausgezeichneter Sprecher, Sänger und Musiker. Godi schuf auch den charakteristisch-jazzigen Background für die Exzesse der einzigartigen la linea-Stimme von Carlo Bonomi.
Bild und Musik finden ebenfalls zusammen in der am Freitag Abend von cinesoundz in der Strip Bar präsentierten „Fumetto-Lounge“ – einer Hommage an Cavandoli, Bozzetto, Godi & Co. – Viva la felicita !
Ron Gissori, Monaco di Baviera

Siehe auch Comic und Musik und Comic Film Fest

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